Über Ask an Expert

„Ask an Expert“ bietet Patient:innen die Chance, ihre individuellen Fragen zur seltenen Erkrankung Polycythaemia Vera (PV) an erfahrene Experten in dieser Indikation zu stellen. Denn das Leben mit PV stellt Betroffene vor viele Herausforderungen. Oft fühlen sich Patient:innen unsicher hinsichtlich des Krankheitsverlaufs oder verfügbarer Behandlungsmöglichkeiten. Dann stellen Sie jetzt Ihre Fragen zur PV an unsere Experten.

Die Unternehmensgruppe AOP Health, die sich als europäischer Pionier dem Bereich integrierter Therapien für seltene Erkrankungen und Intensivmedizin widmet, bietet die Reihe „Ask an Expert“ mit ausgewiesenen Experten auf dem Fachgebiet der myeloproliferativen Erkrankungen an.

Patientensprechstunde am 28. Februar 2023

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Nächster Termin:

Experten beantworten Ihre Fragen zur Erkrankung Polycythaemia Vera.
Patientensprechstunde am 29. Februar 2024 von 17 bis 18 Uhr.

Einleitung
In der Patientensprechstunde „Ask an Expert“ am 28. Februar 2023 beantworten die Experten Prof. Dr. Andreas Reiter, Leiter des Exzellenzzentrums für "Myeloproliferative Neoplasien“, Mannheim und Prof. Dr. Martin Griesshammer, Direktor der Universitätsklinik für Hämatologie, Onkologie, Hämostaseologie und Palliativmedizin am Johannes Wesling Klinikum Minden, Fragen von Patientinnen und Patienten, die an Polycythaemia Vera (PV) erkrankt sind.

Die Experten haben sich auf mehrere Themenkomplexe vorbereitet. Der erste Teil wird etwa 20 bis 25 Minuten dauern und sich mit der Diagnose der Polycythaemia Vera und ihrer Abgrenzung von anderen Therapien befassen. Hierbei wird auch die Bedeutung der Knochenmarkpunktion und das Konzept der Allel-Last erläutert.

Im zweiten Teil wird über Therapien gesprochen, beginnend mit dem Aderlass als erste Behandlungsmethode. Bei Bedarf einer medikamentösen Therapie werden Hydroxyurea, Interferon und Ruxolitinib als Optionen diskutiert. Die Referenten stehen auch für Fragen zu weiteren Themen wie Thrombosen, Embolien und der Behandlung von begleitenden Erkrankungen zur Verfügung.

Diagnose und Mutationslast
Im ersten Teil geht es um die Bedeutung der Knochenmarkpunktion, Blutbild und Genmutationen bei der Polycythaemia Vera, einer bestimmten Form von Bluterkrankungen. Prof. Grießhammer betont, dass eine Knochenmarkpunktion nicht immer zwingend erforderlich ist, aber dennoch wertvolle Informationen über den Ausgangsbefund und das Vorliegen anderer Erkrankungen liefern kann. Die Experten empfehlen eine professionelle Befundung des Knochenmarks, da die Polycythaemia Vera eine seltene Erkrankung ist.

Prof. Reiter ergänzt, dass die Knochenmarkpunktion wichtig ist, um die Polycythaemia Vera von anderen Bluterkrankungen abzugrenzen und um Therapieentscheidungen zu treffen. Eine erneute Untersuchung des Knochenmarks im Verlauf der Erkrankung kann ebenfalls hilfreich sein, um langfristige Veränderungen festzustellen. Die Verfaserung des Knochenmarks spielt eine Rolle bei der Beurteilung der Krankheitssituation.

Bei der Polycythaemia Vera ist die JAK2-Genmutation von besonderer Relevanz. Die Mutationslast gibt den Anteil der Zellen an, die diese Mutation tragen. Dieser Anteil hat Auswirkungen auf das Ausmaß der Erkrankung und das Risiko von thromboembolischen Ereignissen. Zusatzmutationen wie z.B. TET2-Mutationen werden nicht routinemäßig untersucht, da sie keine direkten therapeutischen Konsequenzen haben.

Zusammenfassend betonen die Experten die Wichtigkeit der Knochenmarkpunktion für die Diagnose und Therapieentscheidung bei der Polycythaemia Vera. Die Mutationslast und mögliche Zusatzmutationen können Hinweise auf das Risiko einer Progression geben, haben jedoch aktuell noch begrenzte therapeutische Relevanz.

Therapie
Prof. Andreas Reiter und Prof. Martin Griesshammer diskutieren die Auswirkung der Faserbildung im Knochenmark bei PV-Patienten.

Prof. Reiter erklärt, dass die Faserbildung im Knochenmark eine der Schwierigkeiten bei PV ist. Es gibt zwei Komplikations-Gruppen: thromboembolische Ereignisse wie Venenthrombose, Lungenembolie, Herzinfarkt oder Schlaganfall sowie die zunehmende Faserbildung des Knochenmarks, die in der Regel erst nach vielen Jahren oder Jahrzehnten auftritt. Interferon-Präparate werden zur Therapie der PV eingesetzt. Diese haben das Potential die Faserbildung des Knochenmarks aufzuhalten oder zu reduzieren. Hierzu liegen bereits Daten aus Registern in den USA und Frankreich vor, die darauf hinweisen, dass Interferon eine positive Wirkung auf die Faserbildung haben kann. Es wird jedoch noch einige Zeit dauern, um diese Fragen endgültig zu beantworten.

Prof. Griesshammer erwähnt Langzeitdaten aus den USA, die darauf hinweisen, dass Interferon die Faserbildung im Vergleich zu Hydroxyurea und Aderlass aufhalten kann. Er betont, dass weitere Untersuchungen erforderlich sind, um das Thema zu vertiefen. Ruxolitinib ist eine weitere Option, so Prof. Griesshammer.

Weiterhin diskutieren Prof. Reiter und Prof. Griesshammer verschiedene Punkte zur Behandlung von Polycythaemia Vera. Prof. Griesshammer erklärt, dass eine zytoreduktive Therapie erforderlich ist, wenn Thrombosen auftreten. Dabei wird Hydroxyurea als bevorzugtes Medikament der Wahl angesehen, da es am schnellsten wirkt. Interferon wird eher als Folgetherapie betrachtet. Das Alter wird als schwächerer Risikofaktor gesehen, und bei Vorliegen von weiteren Risikofaktoren kann Interferon bereits frühzeitig eingesetzt werden, um die Entwicklung von Fibrosen und die Erhöhung der Allel-Last zu verhindern.

Prof. Reiter fügt hinzu, dass die Entscheidung für eine Therapie auf dem Gesamtbild des Patienten basieren sollte. Eine leicht erhöhte Anzahl weißer Blutkörperchen oder Blutplättchen würde möglicherweise noch keine Behandlung erfordern. Es ist jedoch wichtig, das „Gesamtpaket“ zu berücksichtigen, einschließlich anderer Faktoren wie wiederholte Aderlässe, um eine Entscheidung zu treffen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass u.a. Interferon das Potenzial hat, die Faserbildung des Knochenmarks bei PV zu stoppen oder zu reduzieren. Die genaue Therapieentscheidung hängt jedoch von verschiedenen Faktoren ab, wie dem Auftreten von Thrombosen und weiteren Risikofaktoren; kurz, dem Gesamtbild des Patienten. Es werden Langzeitdaten aus Registern benötigt, um weitere Erkenntnisse zu gewinnen.

Zytoreduktive Substanzen (HU z.B. Litalir®, BESREMi®, Pegasus®)
Prof. Reiter und Prof. Griesshammer diskutieren verschiedene Aspekte der Behandlung von Patienten mit Polycythaemia Vera. Sie erwähnen, dass Juckreiz durch Interferon besser behandelt, wird als durch Hydroxyurea (HU), und dass Ruxolitinib ebenfalls ein wirksames Medikament gegen Juckreiz ist.

Fatigue wird durch Hydroxyurea, Aderlass und ASS nicht gelindert, während Interferon und Ruxolitinib möglicherweise eine Perspektive bieten. Die Bedeutung der Allel-Last wird hervorgehoben, da sie bei der Entscheidung über die Behandlung und den Verlauf der Erkrankung helfen kann.

In der weiteren Diskussion werden Interferon und Hydroxyurea gegenübergestellt. Hydroxyurea wirkt schneller als Interferon. Daher wird HU der Vorzug gegeben, wenn ein schneller Wirkungseintritt von Nöten ist, auch unabhängig vom Alter. Die potenziellen Langzeitnebenwirkungen von Hydroxyurea werden angesprochen, insbesondere die kumulative Gesamtdosis des Medikaments sollte in Betracht gezogen werden. Im Vergleich dazu benötigt Interferon mehr Zeit, bis es eine Wirkung zeigt. Dafür ist es aber besonders auch bei jüngeren Patienten zu bevorzugen. Aber auch bei älteren Patienten ist Interferon wirksam. Es wird hervorgehoben, dass Interferon ein körpereigener Stoff ist. Nichtsdestotrotz ist eine Behandlung mit Interferon nicht ohne Nebenwirkungen, da die angewendeten Dosen viel höher sind, als diese natürlich im Körper vorkommen. Das Sicherheits/Risiko-Profil von modernen Interferonen, insbesondere von Ropeginterferon alfa-2b ist gut dokumentiert.

Antikoagulation & Thrombosen
Prof. Griesshammer erklärt, dass Patienten mit Vorhofflimmern eine Blutverdünnung benötigen. In der Regel sollte auch immer ASS zusätzlich gegeben werden, da dies das Auftreten von Thrombosen um 60 % senken kann.
Bei Vorhofflimmern oder einer Thrombose ist die Behandlung die Antikoagulation vorrangig.
Die Entscheidung, ob ASS abgesetzt werden kann, hängt von der individuellen Situation des Patienten ab und erfordert viel Erfahrung seitens des behandelnden Arztes.

Bei Thrombosen wie einer Sinus-Venen-Thrombose oder Pfortader-Thrombose kann die Gerinnungshemmung zeitlich begrenzt sein und nach dem Verschwinden der Thrombose auf ASS umgestellt werden. Die Entscheidung ist jedoch komplex und abhängig von verschiedenen Faktoren.

Die Blutwerte der Patienten und ihre individuelle Situation spielen eine wichtige Rolle bei der Entscheidung zur Antikoagulation und möglichen Medikamentenwechseln.

Prof. Reiter erwähnte, dass sie sich gegenseitig konsultieren, um schwierige Fälle zu besprechen und die bestmögliche Behandlung für die Patienten zu finden.

Ruxolitinib
In der Erstlinien-Therapie der Polycythaemia Vera gelten klare Regeln, wie Aderlass und ASS, evtl. in Kombination mit Hydroxyurea oder Interferon.
Nach einer Dauer von 10 bis 20 Jahren kann die Krankheit jedoch außer Kontrolle geraten, die Milz kann wachsen und es können Thrombozytosen und Leukozytosen auftreten.
Das zugelassene Medikament mit dem Wirkstoff Ruxolitinib wird bei Patienten eingesetzt, bei denen Hydroxyurea unwirksam ist oder eine Intoleranz besteht.
Die übliche Startdosis von Ruxolitinib beträgt zweimal 10 mg. Einige Patienten benötigen möglicherweise eine niedrigere oder höhere Dosis, abhängig von einzelnen Faktoren.
Es gibt mehr Wechselwirkungen mit Ruxolitinib im Vergleich zu Hydroxyurea und Interferon, daher erfordert die Verwendung von Ruxolitinib etwas mehr Management. Mögliche Begleiterkrankungen und deren Therapie müssen bei der Dosisfindung mit in Betracht gezogen werden.
Nächtliche Krämpfe und taube Zehen sind ein ungelöstes Problem bei der Therapie von PV mit Ruxolitinib. Es gibt verschiedene Ansätze zur Behandlung, wie die Verwendung von Magnesium, aber nicht alle Patienten sprechen darauf an.
In einigen Fällen kann es notwendig sein, das Medikament abzusetzen, um festzustellen, ob die Krämpfe damit in Zusammenhang stehen.

Verabschiedung
Bereits zum vierten Mal fand die Veranstaltung „Ask an Expert“ zur seltenen Erkrankung Polycythaemia Vera statt. Die Veranstaltungsreihe wird von der Firma AOP Health unterstützt.

Prof. Reiter betont, dass er und Prof. Griesshammer gerne bei Folgeveranstaltungen dabei sind. Sie empfehlen den Zuhörern, bei komplizierteren Fällen zunächst mit ihrem Hämatologen zu sprechen, aber sie selbst stehen auch für eine Zweit-, Dritt- oder Viertmeinung zur Verfügung.

AOP Health ist der europäische Pionier im Bereich integrierter Therapien für seltene Erkrankungen und Intensivmedizin und setzt sich für die Verbesserung der Aufklärung über seltene chronische Erkrankungen ein.

 

Vielfach fehlen den betroffenen Patient*innen grundlegende Informationen zu ihrer Situation und den verfügbaren Behandlungsmöglichkeiten. Mit einer Online-Sprechstunde zur Seltenen Erkrankung Polycythaemia vera gibt AOP Health Betroffenen die Möglichkeit, ihre individuellen Fragen an erfahrene Experten auf dem Fachgebiet der myeloproliferativen Erkrankungen zu stellen. Weitere Information zum Krankheitsbild von seltenen Erkrankungen (myeloproliferative Neoplasien) finden Sie unter https://mpn.network.